Aussetzung der Vollziehung von Nachzahlungszinsen

Der Bundesfinanzhof (BFH) bezweifelte in einem Verfahren, dass die Festsetzung von Nachzahlungszinsen auf Steuerschulden in Höhe von 0,5 % pro Monat für Verzinsungszeiträume ab 2015 mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben verein­bar sind. Die Richter gewährten deshalb die Aussetzung der Vollziehung des Zinsbescheides (Beschluss vom 25.4.2018, Az. IX B 21/18). https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&nr=36403

Die Verzinsung von Steuerforderungen und Steuererstattungen nach § 233a AO soll einen Ausgleich schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zwar jeweils spätestens zum Jahresende entstehen, aber zu unterschiedlichen Zeiten festgesetzt und fällig werden. Die Regelung beruht auf der typisierenden Annahme, dass derjenige, dessen Steuer zu einem späteren Zeitpunkt festgesetzt wird, gegenüber demjenigen, dessen Steuer bereits frühzeitig festgesetzt wird, einen Liquiditätsvorteil und damit auch einen potentiellen Zinsvorteil haben. Die Vollverzinsung dient auch der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, weil Unterschiede in der Steuererhebung ausgeglichen werden, die zwischen Lohnsteuer-Zahlern und veranlagten (selbständigen) Einkommenssteuer-Pflichtigen bestehen.

Steuernachforderungen und damit einhergehende Festsetzungen von Nachforderungszinsen entstehen nicht nur durch Betriebsprüfungen. Auch Rechtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt können auf Grund der vielfach sehr langen Verfahrensdauer zu hohen Nachforderungszinsen führen.

Der IX Senat des Bundesfinanzhofs hat in dem Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz vom  25. April Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes nach § 238 Abs. 1 S.1 Abgabenordung (AO) https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__238.html für Verzinsungszeiträume ab dem 15. April 2015 bei Nachforderungszinsen geäußert und deshalb die Vollziehung eines Bescheides über Nachforderungszinsen nach § 233a AO https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__233a.html ausgesetzt.

Mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 14. Juni 2018 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/2018-06-14-Aussetzung-der-Vollziehung-Par-233a-AO-238-Abs-1-Satz-1-AO.html reagierte die Finanzverwaltung auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, dass für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 auf Antrag des Zinsschuldners in allen Fällen und Besteuerungszeiträumen eine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist, sofern ein wirksamer Einspruch gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung eingelegt wurde. Für Verzinsungszeiträume vor dem 1. April 2015 will die Finanzverwaltung eine Aussetzung der Vollziehung nur dann gewähren, wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte. Zu beachten ist, dass mit der Gewährung der Aussetzung der Vollziehung nicht zugleich eine rechtliche Würdigung abgegeben wird.

Sollten Sie von dieser Entscheidung betroffen sein, empfehlen wir Ihnen, sich mit Ihrem Steuerberater zu besprechen.