Rechnungskürzung - Klage der Werkstatt aus abgetretenem Recht nicht mehr empfehlenswert

Bisher hatten Sie als Betrieb bei einer unberechtigten Rechnungskürzung durch den leistungspflichtigen Versicherer zwei Möglichkeiten, sich gerichtlich gegen die Kürzungen zur Wehr zu setzten.

  • Der Kunde klagt den gekürzten Betrag ein
  • Sie klagen als Werkstatt selbst die Kürzung ein, nachdem der Kunde Ihnen das Recht an dem Schaden abgetreten hat

Meist sind die Werkstätten gegen den Versicherer aus abgetretenem Recht vorgegangen, da dies der bequemere Weg war, ohne dass der Kunde hierbei noch weiter „belästigt“ werden musste.

Aufgrund einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs können wir Ihnen jedoch nicht mehr empfehlen, als Werkstatt aus abgetretenem Recht gegen die Versicherung vorzugehen. Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung (Az.: VI ZR 147/21) seine Rechtsprechung zum Werkstattrisiko präzisiert und teilweise abgeändert. Am Ende des Urteils macht der BGH deutlich, dass er die Rechtsprechung zum Werkstattrisiko dann nicht mehr anwenden möchte, wenn nicht der Kunde, sondern der Reparaturbetrieb unter Vorlage einer entsprechenden Abtretung Klage erhebt. Der BGH führt insoweit aus:

„Eine uneingeschränkte Übertragung (der Rechtsprechung zum Werkstattrisiko) auf die hier gegebene Fallkonstellation (Klage aus abgetretenem Recht) könnte zu dem unbilligen Ergebnis führen, dass die Werkstatt vom Schädiger über den Weg des Schadenersatzes für Reparaturleistungen eine „Vergütung“ erhält, die sie von dem Geschädigten als ihrem Auftraggeber nach werkvertraglichen Grundsätzen nicht hätte verlangen können.“

Was bedeutet dies?

Die Rechtsprechung zum Werkstattrisiko hat es bisher ermöglicht, die Rechnungsbeträge vom Versicherer zu fordern, ohne dass es zu einer Überprüfung der Angemessenheit der Rechnung in technischer Hinsicht kam. Dies bleibt auch weiterhin so, wenn der Kunde vor der Beauftragung der Werkstatt einen Sachverständigen beauftragt hat, auf dieser Grundlage den Reparaturauftrag der Werkstatt erteilt und die Werkstattrechnung im Wesentlichen mit dem Gutachten korrespondiert.

Klagt aber nun die Werkstatt aus abgetretenem Recht, so will der BGH diese Vergünstigung nicht mehr gewähren. Die Folge wäre dann, dass über jede streitige Reparaturmaßnahme (z.B. Beilackierung) im Prozess Beweis erhoben werden müsste durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die insoweit beweisbelastete Reparaturwerkstatt müsste dann einen erheblichen gerichtlichen Auslagenvorschuss (meist 1.000,00 € oder mehr) an die Gerichtskasse zahlen, damit der Prozess weitergeführt werden kann. Das Risiko, dass ein nachträglich beauftragter Sachverständiger an den Reparaturkosten etwas auszusetzen hat, ist nicht zu unterschätzen. Dies würde dann zu einem teilweisen Unterliegen der Werkstatt mit erheblichem finanziellem Risiko führen.

Im Hinblick auf diese Änderung der Rechtsprechung rät der ZKF daher von Klagen der reparaturausführenden Werkstatt aus abgetretenem Recht gegen den Versicherer ab. Diese Klagen sind zwar nach wie vor rechtlich möglich, jedoch mit einem sehr hohen Prozessrisiko behaftet.
Möchte der Kunde den beanstandeten Restbetrag aus einer Rechnungskürzung gegen die Versicherung einklagen, so hat er nach wie vor die Möglichkeit, sich auf die Rechtsprechung zum Werkstattrisiko zu berufen. Wichtig ist aber auch hier, dass der Kunde vor der Beauftragung der Werkstatt einen Sachverständigen hinzugezogen hat.